Freitag, 3. November 2017
Meine bisherigen "Drogen"
Sertralin war das erste Antidepressivum, das mir vor gut 12 Jahren einmal verschrieben worden war. Wenn man sich ein wenig mit Antidepressiva beschäftigt, wird man schnell darüber fündig, dass die antidepressive Wirkung eher bescheiden ist. Lediglich bei schweren Depressionen scheint es eine gewisse Wirkung zu geben. Viele der Zulassungsstudien waren hinsichtlich einer antidepressiven Wirkung übrigens negativ und sind in den Schubladen verschwunden.
Eine antidepressive Wirkung habe ich insofern festgestellt, dass ich enormen Tatendrang entwickelt habe. Ich bin nachts um elf Uhr noch zum Sport gefahren! Meine Stimmung hat sich aber in all den Wochen überhaupt nicht gebessert, obwohl ich bereits Höchstdosen und darüber hinaus genommen habe. Meine diffuse ängstliche Anspannung ist auch kein bisschen besser geworden.
Nebenwirkungen gab es dafür reichlich. Die harmloseren waren Zähneknirschen, spontanes Gähnen und lebhafte Träume.
Ein Ärgernis waren vor allem die sexuellen Störungen. Es lief quasi gar nichts mehr. Keine Libido, kaum noch Erektionen und wenn, dann keine Ejakulationen. Ich fühlte mich wirklich sexuell amputiert, als gehöre mein Penis nicht mehr zu mir.

Citalopram war ähnlich hinsichtlich der Nebenwirkungen. Der Tatendrang war ebenso übersteigert und die sexuellen Funktionsstörungen blieben auch unter diesem SSRI. Unter Citalopram verspürte ich zusätzlich häufiger ein Völlegefühl und Übelkeit und schlafen konnte ich schlechter. Citalopram habe ich über mehrere Monate in der höchsten zulässigen Dosis eingenommen und dann schließlich abgesetzt. Zumindest Absetzsymptome habe ich weder bei Sertralin, noch bei Citalopram bemerkt.

Trazodon war ein weiteres Antidepressivum. Nachdem ich von den SSRI wegen der sexuellen Nebenwirkungen die Nase voll hatte, bat ich um Verschreibung von Trazodon. Das ist ein atypisches Antidepressivum, das halt keine sexuellen Dysfunktionen auslösen soll.
Die erste Tablette hat mich wegen der sedierenden Wirkung fast umgehauen. Ich dämmerte vor mich hin, war nicht mehr in der Lage zu schlucken. Immerhin hat mir Trazodon ein paar schöne Erektionen beschert, die aber nichts mit Lust zu tun hatten. Mein Penis war einfach erigiert, obwohl ich ajn überhaupt nichts Sexuelles dachte und auch kein Verlangen verspürte. Im Extremfall kann das wohl zum Priapismus führen, welcher ein urologischer Notfall ist.
Trazodon habe ich nach einer Woche wieder abgesetzt.

Mirtazapin fand ich recht angenehm. Mirtazapin sediert auch, vor allem in den ersten Tagen, doch je länger man das Medikament nimmt und je höher die Dosen werden, desto mehr lässt die sedierende Wirkung nach. Meine Stimmung und Ängstlichkeit schienen unter Mirtazapin tatsächlich besser zu werden. Allerdings musste ich die Dosis auf die maximal zulässige erhöhen und darüber hinaus. Zugelassen sind 45 mg, ich selbst habe es in Rücksprache auf 60 mg erhöht und die Wirkung hat mich überzeugt.
Sexuelle Funktionsstörungen hatte ich eigentlich keine. Ich würde sogar sagen, dass meine Orgasmen intensiver gewesen sind.
Hauptproblem war aber die Gewichtszunahme. Wegen der antihistaminergen Wirkung futtert man den ganzen Tag und leert den Kühlschrank. Ich habe unter Mirtazapin tatsächlich gute 6-8 Kilos zugenommen, obwohl ich überhaupt nicht zum Zunehmen neige. Ganz im Gegenteil! Mirtazapin habe ich gut ein dreiviertel Jahr genommen und dann bei deutlich nachlassender Depressivität langsam über mehrere Wochen ausgeschlichen.

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2. Tag
Vielleicht verspüre ich ein bisschen mehr Motivation und Tatendrang als sonst. Von einer speedartigen Wirkung, wie es im Internet oft zu lesen ist, bemerke ich aber nichts. Ich habe gut geschlafen letzte Nacht. Die Nebenwirkungen halten sich in Grenzen: Leichter Kopfdruck, vor allem hinter den Augen, der aber nach zwei Stunden verschwindet und mich nicht beeinträchtigt.

In einem Depressionstest wurde mir eine mittelschwere Depression attestiert. Mein Therapeut diagnostiziert zusätzlich noch eine generalisierte Angststörung. In erster Linie bemerke ich die Depression an folgenden Symptomen:

- Antriebsmangel
- Interessenverlust
- Sozialer Rückzug
- Anhaltendes Gefühl der Anspannung
- Ängstlichkeit, übertriebene Sorgen
- Durchschlafstörung bzw. frühmorgentliches Erwachen
- Gefühl der Hoffnungslosigkeit
- Absoluter Libidoverlust, kein Interesse mehr an Sex
- Zwar keine aktiven Suizidgedanken, aber ein plötzlicher natürlicher Tod wäre nicht das Schlimmste

Die Entscheidung für das Bupropion ist gefallen, weil mir das Nebenwirkungsprofil am besten erschien. In der Vergangenheit habe ich vor allem SSRI eingenommen. Die Nebenwirkungen waren kaum von der Hand zu weisen: Ich war quasi chemisch kastriert. Libido und Potenz waren nahezu abgeschaltet. Da ich in einer Beziehung bin, wollte ich diese Nebenwirkung diesmal nicht in Kauf nehmen. Zudem wird in der Literatur beschrieben, dass SSRI das sogenannte PSSD-Syndrom gegünstigt. PSSD (Post SSRI sexual dysfunction) kann im ungünstigsten Fall irreversibel sein.

Bupropion hingegen kann als Nebenwirkung erhöhte Ängstlichkeit erzeugen bis hin zu Panikattacken. Mal sehen, wie sich das bei mir entwickelt.

Im Übrigen bin ich nun seit zwei Tagen Nichtraucher und verspüre überhaupt kein bedürfnis. Okay, ich habe insgesamt auch nur eindreiviertel Jahre geraucht, meist nie mehr als 10 bis 15, ganz selten mal ein Päckchen, dafür viele Tage auch ganz ohne im Rahmen der zahllosen Aufhörversuche.

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